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Georg Friedrich Daumer (1800-1875)
Botschaft
Wehe, Lüftchen, lind und lieblich
Um die Wange der Geliebten,
Spiele zart in ihrer Locke,
Eile nicht, hinweg zu fliehn!
Tut sie dann vielleicht die Frage,
Wie es um mich Armen stehe,
Sprich: Unendlich war sein Wehe,
Höchst bedenklich seine Lage;
Aber jetzo kann er hoffen,
Wieder herrlich aufzuleben,
Denn du, Holde, denkst an ihn.
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Max Dauthendey (1867-1918)
Deine Schönheit ist meine Harfe
Auf den Apfelbäumen ist ein rosiges Gedränge,
Die Blüten sind weich wie dein Nacken
Und rund wie deine Wangen;
Die Apfelbäume haben es von dir gelernt,
Sich süß zu schmücken, sie verlernen es nie mehr.
Deine Schönheit ist meine Harfe,
Du bist unendlich schön, mein Lied sei ohne Ende.
Du schlägst die Wimpern nieder,
Sie sind mir eine neue Brücke in dein Herz.
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Felix Dörmann (1870-1928)
Kleine, mit den großen Nixenaugen
Kleine, mit den großen Nixenaugen,
Mit dem bleichen, somnambulen Antlitz,
Mit der schweren, goldnen Flechtenkrone,
Schmiege Deine Wange an die meine,
Sag' mir noch einmal die trauten Worte:
»Dein für immer, Dein für immer!«
Sieh, so seltsam, so erstaunlich dünkt's mir,
Dass gerade Du, das vielgeliebte,
Wohlgehegte, sorgenlose Schoßkind
Für den unruhvollen, rätselhaften,
Hirngepeitschten Schwärmer Liebe fühlst.
Presse Deinen Mund, den kleinen, heißen,
Innig an mein Ohr, und leise, leise,
Dass es niemand hört auf dieser Erde,
Auf der kühlen, spöttisch klugen Erde,
Sag' mir noch einmal die trauten Worte:
»Dein für immer, Dein für immer!«
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Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)
Der Traum
Jüngst hab' ich dich gesehn im Traum,
So lieblich saßest du behütet,
In einer Laube grünem Raum,
Von duftendem Jasmin umblütet,
Durch Zweige fiel das goldne Licht,
Aus Vogelkehlen ward gesungen,
Du saßest da, wie ein Gedicht
Von einem Blumenkranz umschlungen.
Und deine liebe Rechte trug
Das Antlitz mit so edlen Sitten,
Im Sand das aufgeschlagne Buch
Schien von dem Schoße dir geglitten;
Dich lehnend an den frischen Hag
Hauchtest du flüsternd leise Küsse,
Im Auge eine Träne lag
Wie Tau im Kelche der Narzisse.
Dich anzuschaun war meine Lust,
Zu lauschen deiner Züge Regen,
Und dennoch hätt' ich gern gewusst,
Was dich so innig mocht' bewegen?
Da bogst du sacht hinab den Zweig,
Strichst lächelnd an der Spitzenhaube,
An deine Schulter huscht' ich gleich,
Sah einen Baum in schlichtem Laube:
Und auf dem Baume saß ein Fink,
Der schleppte dürres Moos und Reisig,
»Schau her, schau wieder!« zirpt' er flink
Und förderte am Nestchen fleißig;
Er sah so keck und fröhlich aus,
Als trüg' er des Flamingo Kleider,
So sorglich hüpft' er um sein Haus,
Als fürcht' er bösen Blick und Neider.
Und wenn ein Reischen er gelegt,
Dann rief er alle Welt zu Zeugen,
Als müsse was der Garten hegt,
Blum' und Gesträuch sich vor ihm neigen;
Um deine Lippe flog ein Zug,
Wie ich ihn oft an ihr gesehen,
Und meinen Namen ließ im Flug
Sie über ihre Spalte gehen.
Schon hob ich meine Hand hinauf
Mit leisem Schlage dich zu strafen,
Allein da wacht' ich plötzlich auf
Und bin nicht wieder eingeschlafen;
Nur deiner hab' ich fortgedacht,
Säh' dich so gern am grünen Hage,
Mich dünkt, so lieb wie in der Nacht
Sah ich dich noch an keinem Tage.
Im Eise schlummern Blum' und Zweig,
Dezemberwinde schneidend wehen,
Der Garten steht im Wolkenreich,
Wo tausend schönre Gärten stehen;
So golden ist kein Sonnenschein,
Dass er wie der erträumte blinke;
Doch du, bist du nicht wirklich mein?
Und bin ich nicht dein dummer Finke?
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Joseph von Eichendorff (1788-1857)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/eichendorff.php
Der Winzer
Es hat die Nacht geregnet,
Es zog noch grau ins Tal,
Und ruhten still gesegnet
Die Felder überall;
Von Lüften kaum gefächelt,
Durchs ungewisse Blau
Die Sonne verschlafen lächelt'
Wie eine wunderschöne Frau.
Nun sah ich auch sich heben
Aus Nebeln unser Haus,
Du dehntest zwischen den Reben
Dich von der Schwelle hinaus,
Da funkelt' auf einmal vor Wonne
Der Strom und Wald und Au -
Du bist mein Morgen, meine Sonne,
Meine liebe, verschlafene Frau!
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Paul Fleming (1609-1640)
Philyrille
Mein gestirntes Paradeis,
mein Licht, mein Mond, meine Sonne,
mein ganz Himmelreich voll Wonne
und von was ein Gott sonst weiß,
das ist Philyrille mir,
mir, der Erden unter ihr.
Ich vergessner Erdenkreis!
Heute tagts zum dritten Male,
dass ich ganz von keinem Strahle
meiner lieben Sonnen weiß.
Das betrübte Land, das weint,
weil sein Himmel ihm nicht scheint.
Du, o aller Künste Kunst!
Himmel wird durch dich zur Erden.
Dass wir Irdnen himmlisch werden,
das schafft, Laute, deine Gunst.
Gib doch, dass mein Himmel sich
bald neig' auf sein' Erde, mich!
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Théophile Gautier (1808-1872)
An eine junge Italienerin
Noch knirscht der Februar, von Schnee und Reif umschauert,
Der Regen peitscht das Dach, kalt pfeifts in den Alleen;
Du aber seufzest schon: Mein Gott, wie lang das dauert.
Wann werden im Gehölz wir Veilchen pflücken gehn?
Kind, Frankreichs Himmel ist ein Tränensieb. Im Pelze
Am flammenden Kamin sitzt fröstelnd unser Lenz;
Paris vergeht im Schmutz, wenn auf dem grünen Schmelze
Der Wiesen sein Geschmeid längst ausgelegt Florenz.
Sieh, kahl sind Park und Flur; zu warten gilts ein Weilchen.
Dich hat dein Herz getäuscht, das warm und südlich glüht;
Dein blaues Auge nur, sonst gibts hier noch kein Veilchen
Und keinen Lenz, als der auf deiner Wange blüht.
(Aus dem Französischen von Emanuel Geibel)
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Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)
Einladung zur Liebe
Mädchen, wollt ihr mich nicht lieben?
Seht, hier lieg ich in dem Schatten!
Seht mich nur, ihr müsst mich lieben!
Rosen blühen auf den Wangen,
In den Adern glühet Feuer,
In den Minen lacht Vergnügen,
In den Augen locket Liebe,
Und bewegen sich die Lippen,
So bewegt sie Scherz und Freude.
Mädchen, wollt ihr mich nicht lieben?
Seht, hier lieg ich in den Schatten,
Mädchen seht, wie schön ich liege!
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Frech und froh
Liebesqual verschmäht mein Herz,
Sanften Jammer, süßen Schmerz;
Nur vom Tücht’gen will ich wissen,
Heißem Äuglen, derben Küssen.
Sei ein armer Hund erfrischt
Von der Lust, mit Pein gemischt!
Mädchen, gib der frischen Brust
Nichts von Pein und alle Lust.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
In tausend Formen...
In tausend Formen magst du dich verstecken,
Doch, Allerliebste, gleich erkenn’ ich dich,
Du magst mit Zauberschleiern dich bedecken,
Allgegenwärtige, gleich erkenn’ ich dich.
An der Zypresse reinstem, jungen Streben,
Allschöngewachsne, gleich erkenn’ ich dich,
In des Kanales reinem Wellenleben,
Allschmeichelhafte, wohl erkenn’ ich dich.
Wenn steigend sich der Wasserstrahl entfaltet,
Allspielende, wie froh erkenn’ ich dich;
Wenn Wolke sich gestaltend umgestaltet,
Allmannigfaltige, dort erkenn’ ich dich.
An des geblümten Schleiers Wiesenteppich,
Allbuntbesternte, schön erkenn’ ich dich;
Und greift umher ein tausendarmger Eppich,
O Allumklammernde, da kenn’ ich dich.
Wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet,
Gleich, Allerheiternde, begrüß’ ich dich;
Dann über mir der Himmel rein sich ründet,
Allherzerweiternde, dann atm' ich dich.
Was ich mit äußerm Sinn, mit innerm kenne,
Du Allbelehrende, kenn’ ich durch dich;
Und wenn ich Allahs Namenhundert nenne,
Mit jedem klingt ein Name nach für dich.
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Heinrich von Morungen (ca. 1150-1222)
Ihr so süße und sanfte Mörderin...
Ihr so süße und sanfte Mörderin,
warum wollt Ihr mir das Leben nehmen,
obwohl ich Euch so von Herzen liebe,
fürwahr, Herrin, mehr als alle Frauen?
Meint Ihr, wenn Ihr mich tötet,
würde ich Euch nie mehr anschauen?
Nein, die Liebe zu Euch hat mich genötigt,
dass eure Seele die Herrin meiner Seele ist.
Soll mir auf Erden nichts Gutes geschehen
von eurem gepriesenen Leib,
so muss Euch meine Seele versprechen,
dass sie Eurer Seele im Himmel als einer reinen Frau dienen wird.
(aus dem Mittelhochdeutschen von Wersch)
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Georg Herwegh (1817-1875)
An Emma zum Geburtstag
Ich träumte von Schätzen die ganze Nacht,
Die ich dir wollte senden,
Und drüber bin ich aufgewacht
Mit leeren, leeren Händen.
Die Blumen schmücken dieses Jahr
Zwei Gräber deiner Lieben;
Die Blumen der Freude sind sogar,
Ich glaube, ausgeblieben.
Eins schleicht sich nach dem andern fort -
Und wären wir beständig?
Zuletzt bleibt noch ein Menschenwort
Am sichersten lebendig.
Mit solchem Worte denkt dein Mann
Dich baldigst zu begrüßen,
Und diesen Schatz legt er alsdann
Dir, lieber Schatz, zu Füßen.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Georg Heym (1887-1912)
An meine kleine Freundin
Wer hätte das gedacht!
Das kam wohl über Nacht.
Denn als ich aufgewacht,
Da warst auf einmal du
Mein kleiner Herztyrann.
Sieh doch mal einer an,
Was Amor alles kann.
Schon weiß ich, was ich tu,
Damit du gnädig bist,
Und mich nicht gleich vergisst:
Ich mach dir dies Gedicht.
Ich hoff, es ist so schlicht,
So süß und zart wie du.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich Hölderlin (1770-1843)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/hoelderlin.php
Diotima
Du schweigst und duldest, und sie verstehn dich nicht,
Du heilig Leben! welkest hinweg und schweigst,
Denn ach, vergebens bei Barbaren
Suchst du die Deinen im Sonnenlichte,
Die zärtlichgroßen Seelen, die nimmer sind!
Doch eilt die Zeit. Noch siehet mein sterblich Lied
Den Tag, der, Diotima! nächst den
Göttern mit Helden dich nennt, und dir gleicht.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)
Der Himmel pflantzet mein Gelücke...
Der Himmel pflantzet mein Gelücke,
Er lacht mich freundlich an durch tausend holde Blicke,
Er macht aus Winter Frühlings-Zeit,
Er wirkt mir selber Zeug zu einem Feier-Kleide,
Ich bin von Boy und Flor befreit,
Und meine Wolle wird zur Seide.
Ich kann den Port itzt recht erreichen,
Und darf nicht um das Haupt der leeren Hoffnung streichen,
Mein Anker sinkt in süße Ruh,
Dein Auge hat mir selbst ein Leit-Stern werden müssen,
Ja, mein gelobtes Land bist du,
Lass mich das Vorgebürge küssen.
Schlag doch nicht mehr die Augen nieder,
Ist denn mein reiner Scherz, Rosette, dir zuwider?
Ich bin dir ja nicht unbekannt,
Du kennest mein Gesicht, und auch mein treues Herze,
Drum glaube, dass der Liebe Brand
Sich stärket zwischen Freud und Scherze.
Willst du dich der Natur entreißen?
Dies kann die Tugend selbst nicht eine Tugend heißen,
Das schöne Blumwerk deiner Brust
Ist nicht vor dich allein auf diese Welt geboren,
Es hat es auch zu meiner Lust
Des Himmels Ausspruch auserkoren.
Du musst in dir nicht selbst verwesen,
Lass mich um deinen Mund die Zucker-Rosen lesen
Durch einen unverwehrten Kuss,
Lass doch den süßen Tau auf meine Lippen rinnen,
Dass durch verliebten Überfluss
Die Geister selbst sich küssen können.
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