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Else Lasker-Schüler (1869-1945)
An den Gralprinzen
Wenn wir uns ansehn,
Blühn unsere Augen.
Und wie wir staunen
Vor unseren Wundern - nicht?
Und alles wird so süß.
Von Sternen sind wir eingerahmt
Und flüchten aus der Welt.
Ich glaube, wir sind Engel.
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Else Lasker-Schüler (1869-1945)
An den Prinzen Tristan
Auf deiner blauen Seele
Setzen sich die Sterne zur Nacht.
Man muss leise mit dir sein,
O, du mein Tempel,
Meine Gebete erschrecken dich;
Meine Perlen werden wach
Von meinem heiligen Tanz.
Es ist nicht Tag und nicht Stern,
Ich kenne die Welt nicht mehr,
Nur dich - alles ist Himmel.
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Edgar Allan Poe (1809-1849)
An Frances S. Osgood
Dein Herz sucht Liebe? – So möge es nie
Vom jetzigen Pfade weichen,
Sei, was du bist, und wolle nie
Dem, was du nicht bist, gleichen –
So wird die Welt deinem sanften Sein,
Deiner Anmut ein unendlich
Und freudevolles Preislied weihn,
Und Liebe wird selbstverständlich.
(aus dem Englischen von Theodor Etzel)
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Heinrich Heine (1797-1856)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/heinrich_heine.php
Andre beten zur Madonne...
Andre beten zur Madonne,
Andre auch zu Paul und Peter;
Ich jedoch, ich will nur beten,
Nur zu dir, du schöne Sonne.
Gib mir Küsse, gib mir Wonne,
Sei mir gütig, sei mir gnädig,
Schönste Sonne unter den Mädchen,
Schönstes Mädchen unter der Sonne!
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Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)
Aus ihren Augen lacht die Freude...
Aus ihren Augen lacht die Freude,
Auf ihren Lippen blüht die Lust,
Und unterm Amazonenkleide
Hebt Mut und Stolz und Drang die Brust;
Doch unter Locken, welche fliegen
Um ihrer Schultern Elfenbein,
Verrät ein Seitenblick beim Siegen
Den schönen Wunsch besiegt zu sein.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Bleibe, bleibe bei mir...
Bleibe, bleibe bei mir,
Holder Fremdling, süße Liebe,
Holde, süße Liebe,
Und verlasse die Seele nicht!
Ach, wie anders, wie schön
Lebt der Himmel, lebt die Erde,
Ach, wie fühl ich, wie fühl ich
Dieses Leben zum ersten Mal!
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Georg Friedrich Daumer (1800-1875)
Botschaft
Wehe, Lüftchen, lind und lieblich
Um die Wange der Geliebten,
Spiele zart in ihrer Locke,
Eile nicht, hinweg zu fliehn!
Tut sie dann vielleicht die Frage,
Wie es um mich Armen stehe,
Sprich: Unendlich war sein Wehe,
Höchst bedenklich seine Lage;
Aber jetzo kann er hoffen,
Wieder herrlich aufzuleben,
Denn du, Holde, denkst an ihn.
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Clara Müller-Jahnke (1860-1905)
Das ist der Schatten
Magst du mich ganz in deine Flammen hüllen
und mag das Blut, das deinen Leib durchmisst,
mein Herz durchpulsen, meine Adern füllen -
es bleibt ein Rest, ein Rest, der du nicht bist!
Das ist der Schatten unsrer Sonnenliebe,
auf unsern Himmelstraum, der Erdenspott.
Wenn dieser Rest, du, dieser Rest nicht bliebe:
wir wären Gott. -
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Friedrich von Hagedorn (1708-1754)
Die erste Liebe
O wie viel Leben, wie viel Zeit
Hab' ich, als kaum beseelt, verloren,
Eh' mich die Gunst der Zärtlichkeit
Begeistert und für dich erkoren!
Nun mich dein süßer Kuss erfreut,
O nun belebt sich meine Zeit!
Nun bin ich erst geboren!
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Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/lessing.php
Die Küsse
Der Neid, o Kind,
Zählt unsre Küsse:
Drum küss’ geschwind
Ein Tausend Küsse;
Geschwind du mich,
Geschwind ich dich!
Geschwind, geschwind,
O Laura, küsse
Manch Tausend Küsse:
Damit er sich
Verzählen müsse.
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Dschang Dji (etwa 765-830)
Die unendliche Woge
Wie des Meeres Wellen
Auf und nieder wellen:
Also wogt unendlich mein Verlangen,
Dich zu fangen, zu umfangen.
Wie entflieh ich meinem Wahne?
Neige ich mich aus dem Kahne:
Immer seh den einzigen Gedanken
Ich im Meere auf und nieder schwanken.
(aus dem Chinesischen von Klabund)
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Friedrich Rückert (1788-1866)
Du bist die Rose meiner Liebe...
Du bist die Rose meiner Liebe,
Die Ros’ auf meines Herzens Flur
Es waren andre Blumentriebe
Vorahnung meiner Rose nur.
Es kam der Flor, dass er zerstiebe,
Verschwinden musste jede Spur,
Dass Raum für meine Rose bliebe,
Die mir zu bleiben ewig schwur.
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Christian Morgenstern (1871-1914)
Du bist mein Land...
Du bist mein Land,
ich deine Flut,
die sehnend dich ummeeret;
Du bist der Strand,
dazu mein Blut
ohn’ Ende wiederkehret.
An dich geschmiegt,
mein Spiegel wiegt
das Licht der tausend Sterne;
und leise rollt
dein Muschelgold
in meine Meergrundferne.
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anonym (Ende 12. Jahrhundert)
Dû bist mîn, ich bin dîn...
Dû bist mîn, ich bin dîn.
des solt dû gewis sîn.
du bist beslozzen
in mînem herzen;
verlorn ist das sluzzelîn:
dû muost ouch immer darinne sîn.
(aus einer Tegernseer Handschrift vom Ende des 12. Jahrhunderts; mit diesen Versen schließt der zuvor lateinische Brief einer Frau an einen Kleriker)
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Heinrich Heine (1797-1856)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/heinrich_heine.php
Du bist wie eine Blume...
Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein;
Ich schau dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.
Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, dass Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.
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