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Satiren und Grotesken – Dichter 1 2 3 · Titel 1 2 3 · Beliebteste · Neueste

Otto Reutter (1870-1931)

Der Blusenkauf

Wenn Frau'n was kaufen, geht das flink,
ich weiß, wie's meinem Freund erging,
der, jung vermählt, wollt in der Früh
mal ins Büro, da sagte sie:
"Lass mich ein Stückchen mit dir gehen" -
dann blieb sie vor ´nem Laden stehn.
"Komm, gib mir's Geld - bin gleich zurück,
es dauert nur ´nen Augenblick.
Bleib draußen", sprach Frau Suse,
"ich kauf mir bloß ´ne Bluse."

Nun geht sie rein - "´nen Augenblick".
Ihr Mann, sehr heiter, bleibt zurück. -
Er freut sich - ´s Wetter ist sehr schön,,
sieht Kinder, die zur Schule gehen. -
Und sie sagt drinnen zur Mamsell:
"´ne blaue Bluse, aber schnell!"
Nun schleppt man alle blauen rein,
und nach ´ner Stunde sagt sie: "Nein,
ich finde keine nette,
ich möchte ´ne violette."

Nun packt man violette aus.
Ihr Mann, geduldig, steht vorm Haus.,
denkt: "Ziemlich lange währt so'n Kauf",
geht auf und ab - und ab und auf -
und sie sagt drinnen: "Das ist nett!
Wie kam ich nur auf violett?
Da fällt mir ein, Frau Doktor Schmidt
geht immer mit der Mode mit -
und die trägt jetzt ´ne gelbe.
Ach, geb'n Sie mir dieselbe."

Nun packt man alle gelben aus.
Ihr Mann wird hungrig vor dem Haus.
Der Mittag naht - die Sonne sticht,
die Kinder komm'n vom Unterricht. -
Und sie sucht drin und sagt alsdann:
Was geht Frau Doktor Schmidt mich an!
Wie kam ich auf ´ne gelbe nur?
Es wird ja Frühling, die Natur
zeigt frohe Hoffnungsmiene,
ach, geb'n Sie mir ´ne grüne."

Nun packt man alle grünen aus.
Ihr Mann wird matt und seufzt vorm Haus:
"Gern kauft' ich ´ne Zigarre mir,
jedoch das Geld, das ist bei ihr-" -
Und sie sagt drin: "Beim Sonnenschein,
da wird das Grün zu dunkel sein." -
Da schaut er rein. "Mein Portemonnaie."
Sie sagt: "´nen Augenblick noch. Geh!
Ich bin ja gleich zur Stelle. -
Ach, geb'n Sie mir ´ne helle."

Nun packt man alls hellen aus.
Da gibt's ein Ungewitter drauß:
Es regnet bis zum Abendbrot -
und sie sagt drinnen zur Mamsell:
"So'n Wetter heut - und dazu hell?
Und übberhaupt, wir haben bald
April, da wird's oft nass und kalt,
dann bin ich die Blamierte.
Ach, geb'n Se ´ne karierte."

Nun packt man die karierten aus -
und er stöhnt, frei nach Goethe, drauß:
"Was ewig weiblich, zieht uns an.
Das Weib, das zieht sich ewig an." -
Und sie probt drin und sagt entsetzt:
"Was - Nummer vierundvierzig jetzt?
Nicht zweiundvierzig, schlank und schick?
Dann nichts Kariertes - das macht dick",
ihr Blick zur Taille scchweifte.
"Dann geb'n Sie ´ne gestreifte."

Nun packt man die gestreiften aus.
Ihr Mann, der wankt und röchelt drauß:
"Ein Augenblick!" Das war ihr Wort! -
Dann fällt er um - man trägt ihn fort. -
Da kommt sie mit ´ner roten raus.
"Hier bin ich schon", ruft froh sie aus -
und schreit: "Mein Mann!! Mein einz'ges Glück!
Gott, ist er tot? - Ein Augenblick!"
Und in den Laden starrt se:
"Dann geb'n Sie mir ´ne schwarze."

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Hans-Peter Kraus (geb. 1965), www.ziemlichkraus.de

Was ich dir schenken wollt

Den großen, dicken Mond
Wollt ich dir schenken
Doch dann kam ich
Ins Grübeln und ans Denken
Der Mond wär viel zu groß
Für deine Wohnung
Also gab ich ihm
Noch ein wenig Schonung

Dann dachte ich
Nehm ich das Meer
Mit schöner, weiter Sicht
Nur wär auch das nicht fair
Es passt in deinen Garten nicht

Dann musste ich
An die Berge denken
Die waren sicher
Noch zu verschenken
Aber als ich sah
Was die Transporte kosten
War auch die Idee
Schnell am Verrosten

Drum schenk ich dir dies Gedicht
Mit einer Kleinigkeit
Für all die großen Dinge
Ist ja noch reichlich Zeit

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Wilhelm Busch (1832-1908)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/wilhelm_busch.php

Der Einsame

Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemach vergisst man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Lässt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php

Epiphaniasfest

Die heiligen drei König' mit ihrem Stern,
sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
sie essen gern, sie trinken gern,
sie essen, trinken und bezahlen nicht gern.

Die heilgen drei König' sind gekommen allhier,
es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
und wenn zu dreien der vierte wär,
so wär ein heilger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß' und auch der schön',
bei Tage solltet ihr mich erst sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
werd ich sein Tag kein Mädchen mir erfreun.

Ich aber bin der braun' und bin der lang',
bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerein,
da werd ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz' und bin der klein',
und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern ich trinke gern,
ich esse, trinke und bedank mich gern.

Die heilgen drei König' sind wohlgesinnt,
sie suchen die Mutter und das Kind;
der Joseph fromm sitzt auch dabei,
der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
dem Weihrauch sind die Damen hold;
und haben wir Wein von gutem Gewächs,
so trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
aber keine Ochsen und Esel schaun;
so sind wir nicht am rechten Ort
und ziehen unseres Weges weiter fort.

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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

Heugabel und Besenstiel

Heugabel und Besenstiel,
Die wollten sich vermählen;
Da gab's im ganzen Land gar viel
Und mancherlei zu erzählen.

Was ist das für ein Paar!
Wie die zusammen passen!
Er ist zu Haus das ganze Jahr,
Sie draußen auf Wegen und Gassen.

Er denkt an Stub' und Flur,
Und sie an Ochsen und Pferde;
Sie strebet nach dem Hohen nur,
Und er bleibt auf der Erde.

Bei Frühlingssonnenschein
Will sie ihr Amt nur führen;
Er aber muss Jahr aus Jahr ein,
Er muss sich immer rühren,

Doch als die Trauung war,
Da wurden die Mäuler stille;
Heugabel und Besenstiel blieb ein Paar,
I nun, es war ihr Wille.

Heißa! das ganze Land
Zur Hochzeit war geladen,
Verwandt, bekannt und unbekannt,
Die Krummen, die Schiefen, die Graden.

Da tanzten munter und frisch
Die Schemel, die Hütschen, die Bänke,
Die Kannen, die Mulden, die Stühl' und die Tisch'
Und Kisten und Kasten und Schränke.

Heißa! nun wurden sie
Poetisch über die Maßen,
Dass sie vor lauter Poesie
Stand, Rang und Würde vergaßen:

Die Liebe macht uns gleich,
Frau Besenstiel, Herr Gabel!
Der Will' ist unser Himmelreich -
Und das ist keine Fabel.

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Hanns Freiherr von Gumppenberg (1866-1928)

Liebesjubel

Ich ritzt’ es gern in alle Rüben ein,
ich stampft’ es gern in jeden Pflasterstein,
ich biss’ es gern in jeden Apfel rot,
ich strich’ es gern auf jedes Butterbrot,
auf Wand, Tisch, Boden, Fenster möcht’ ich’s schreiben:
Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben!

Ich schör’ es gern in jede Taxusheck,
graviert’ es gern in jedes Essbesteck,
ich sät’ es gern als lecker grüne Saat
ins Gartenbeet mit Kohlkopf und Salat,
in alle Marzipane möcht’ ich’s drücken
und spicken gern in alle Hasenrücken
und zuckerzäh auf alle Torten treiben:
Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben!

Ich möcht’ mir ziehn ein junges Känguruh,
bis dass es spräch’ die Worte immerzu;
zehn junge Kälbchen sollen froh sie brüllen;
hell wiehern hundert buntgescheckte Füllen;
trompeten eine Elefantenherde -
ja, was nur kreucht und fleucht auf dieser Erde,
das soll sie schmettern, pfeifen, quaken, bellen,
bis dass es dröhnt in allen Trommelfellen
mit einem Lärm, der gar nicht zu beschreiben
Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben!!!

(nach Wilhelm Müllers Ungeduld.)

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Hans Sachs (1494-1576)

Das Schlaraffenland

Ein Gegend heißt Schlaraffenland,
den faulen Leuten wohlbekannt.
Das liegt drei Meilen hinter Weihnachten.
Und welche darein will trachten,
der muss sich großer Ding vermessen
und durch ein Berg mit Hirsbrei essen,
der ist wohl dreier Meilen dick.
Alsdann ist er im Augenblick
in demselbigen Schlaraffenland,
da aller Reichtum ist bekannt.
Da sind die Häuser deckt mit Fladen,
Lebkuchen die Haustür und Laden,
von Speckkuchen Dielen und Wänd,
die Balken von Schweinebraten send.
Um jedes Haus so ist ein Zaun
geflochten von Bratwürsten braun.
Von Malvasier so sind die Brunnen,
kommen eim von selbst in Maul gerunnen.
Auf den Tannen wachsen Krapfen,
wie hier zu Land die Tannzapfen.
Auf Fichten wachsen gebackne Schnitten.
Eierplätz tut man von Birken schütten.
Wie Pfifferling wachsen die Hecken,
die Weintrauben in Dornhecken.
Auf Weidenkoppen Semmel sehn,
darunter Bäch mit Milch gehen;
die fallen dann in' Bach herab,
dass jedermann zu essen hab,
gesotten, gebraten, gesalzen und gebacken
und gehen bei dem Gestad gar nahen,
lassen sich mit Händen fahen.
Auch fliegen um (das mögt ihr glauben)
Gebrat'ne Hühner, Gäns und Tauben.
Wer sie nicht fängt und ist so faul,
dem fliegen sie von allein ins Maul.
Die Säu all Jahr gar wohl geraten,
laufen im Land um, sind gebraten.
Jede ein Messer hat im Rück',
damit ein jeder schneid' ein Stück
und steckt das Messer wieder drein.
Die Kreuzkäs wachsen wie die Stein.
So wachsen Bauern auf den Baumen,
gleich wie in unserm Land die Pflaumen.
Wenn's zeitig sind, da fallen sie ab,
jeder in ein paar Stiefel herab.
Wer Pferd hat, wird ein reicher Meier,
denn sie legen ganz Körb voll Eier.
So schüttet man aus den Eseln Feigen.
Nicht hoch braucht man nach den Kirschen steigen,
wie die Schwarzbeeren sie wachsen tun..
Auch ist in dem Land ein Jungbrunn,
darin verjüngen sich die Alten.
Viel Kurzweil wird im Land gehalten.
So nach dem Ziel schießen die Gäst',
wer am weitesten daneben gewinnt das Best.
Beim Laufen gewinnt der Letzte allein.
Das Polsterschlafen ist allgemein.
Ihr Weidwerk ist mit Flöh und Läusen,
mit Wanzen, Ratten und Mäusen.
Auch ist im Land gut Geld zu gewinnen.
Wer sehr faul ist und schläft darinnen,
dem gibt man für die Stund zwei Pfennig,
er schlaf ihr gleich viel oder wenig.
Ein Furz gilt einen Binger Haller,
drei Rülpser einen Jochimstaler.
Und welcher da sein Geld verspielt,
zwiefach man ihm das wiedergilt.
Und welcher auch nicht gern bezahlt,
wenn die Schuld wird eins Jahres alt,
so muss ihm jener dazu geben.
Und welcher liebt ein gutes Leben,
dem gibt man für den Trunk einen Batzen.
Und welcher wohl die Leut kann fatzen,
dem gibt man drei Kreuzer zum Lohn.
Für eine große Lüg gibt’s ein Kron.

(gekürzt und modernisiert)

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php

Silvester bei den Kannibalen

Am Silvesterabend setzen
Sich die nackten Menschenfresser
Um ein Feuer, und sie wetzen
Zähneklappernd lange Messer.
Trinken dabei - das schmeckt sehr gut -
Bambus-Soda mit Menschenblut.
Dann werden aus einem tiefen Schacht
Die eingefangenen Kinder gebracht
Und kaltgemacht.
Das Rückgrat geknickt,
Die Knochen zerknackt,
Die Schenkel gespickt,
Die Lebern zerhackt,
Die Bäuchlein gewalzt,
Die Bäckchen paniert,
Die Zehen gefalzt
Und die Äuglein garniert.
Man trinkt eine Runde und noch eine Runde.
Und allen läuft das Wasser im Munde
Zusammen, ausnander und wieder zusammen.
Bis über den feierlichen Flammen
Die kleinen Kinder mit Zutaten
Kochen, rösten, schmoren und braten.
Nur dem Häuptling wird eine steinalte Frau
Zubereitet als Karpfen blau.
Riecht beinah wie Borchardt-Küche, Berlin,
Nur mehr nach Kokosfett und Palmin.
Dann Höhepunkt: Zeiger der Monduhr weist
Auf Zwölf. Es entschwindet das alte Jahr.
Die Kinder und der Karpfen sind gar.
Es wird gespeist.
Und wenn die Kannibalen dann satt sind,
Besoffen und überfressen, ganz matt sind,
Dann denken sie der geschlachteten Kleinen
Mit Wehmut und fangen dann an zu weinen.

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Ludwig Eichrodt (1827-1892)

Lob der Natur

Wie ist die Gotteswelt doch schön,
Wenn man gerade Glieder hat,
Gut hören tut und richtig sehn,
So schön ist es in keiner Stadt.

Die Quellen hupfen von der Höh’,
Auch Wasser ist ein guter Schluck!
Die Hasen fliehen durch den Klee
Und bilden einen Gegendschmuck.

Wie wächst der Wald beim Drosselschlag,
Zumeist in milder Jahreszeit,
Das Herz erquickt der Feldertrag,
Und auch der “Ochsen” ist nicht weit.

Dort schlenkern sie das Fleischskelett,*
Der Wadenfreund hat sein Pläsier,
Vor Freuden giegst das Bodenbrett,
Und trefflich munden Wein und Bier.

Drum labet euch in der Natur,
Dann habt ihr nicht so viel Verdruss,
Der Redliche folgt ihrer Spur,
Und oft auch der Herr Physikus.

(* Beim Sonntagstanz. [Anmerkung des Autors])

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Fred Endrikat (1890-1942)

Frühling ist's

Frühling ist's! Die Hennen glucksen
Veilchen raus - und weiße Buxen.
Frauen schnüren sich geringer,
und der Bauer schiebt den Dünger.
Fliegen klettern unverdrossen
auf den Nasensommersprossen.
Ringsum blüht's an allen Hecken -
und es riecht aus den Ap'theken.
Ich steck mir voll Übermut
'nen Sonnenstrahl an meinen Hut.
Freudig jubeln und frohlocken
Kirchen-, Kuh- und Käseglocken.
Frühling wird's mit Vehemenz.
Auf grünen Filzpantoffeln naht der Lenz!

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php

Das Gesellenstück

Mahagoni auf Eiche furniert.
Deckel sauber scharniert.
Alle Bretter gefedert, gespundet.
Die Ecken fein weich gerundet.
Die Seitenwände mit tief geschnitzten
Weintrauben und Schellfischen geziert.
Das war bei Weber in Osnabrück
Mein Gesellenstück.

Selbst Wasmann und Peter sagten 1910:
Solch einen Sarg hätten sie noch nie gesehn.

Ohne mich rühmen. Das soll einer machen.
Und dabei alles selber gemacht.
Die Griffe kupfergeschmiedete Drachen,
Die Füße gedrechselt (((Acht, sacht, Pracht, lacht, gedacht))),
Auf den Deckel in Rundschrift fein säuberlich
Eingebrannt: »Sarg für Frau (Doppelpunkt Strich)«.
Inwendig ein rosshaargepolstertes Bett,
Rosa Pünktchen auf Gelb-Violett.
Ich habe manchmal des Studiums wegen
24 Stunden darin gelegen.
Da war ein durch schöne Bilder verdecktes
Speiseregal zur linken Hand,
Wo Camembert, Zwieback und Butter stand
Und Trockengemüse und Eingewecktes. –

Auf den leisesten Druck mit der Zehe im Schlaf
Löste sich zu Fußende ein Kinematograph
Und zeigte abwechselnd »Brudermord«
Und »Torpedoangriff an Steuerbord«.
Alle zwei Stunden von selbst automatisch
Spielte ein Grammophon ganz zart:
»Ich bin der Doktor Eisenbarth.«

Außerdem roch es dort sehr sympathisch
Nach Moschus, Kampfer und kalter Küche.
Von wegen die Leichengerüche.
Und dann die Technik und das Komfort:
Kalender, das Telefon rechts am Ohr,
Glühbirnen und Klingeln. Ein tolles Gewirr.
Auch ein kleines, versilbertes Nachtgeschirr. –
Und Wasserstandglas und Thermometer.
Kurz herrlich! herrlich! – Wasmann und Peter
Hätten mir glattweg fünftausend Mark
Und doppelt soviel gezahlt für den Sarg.
Und das war damals ein Geld, wenn man's denkt.

Aber ich hänge nicht so am Golde. –
Und so hab ich ihn dann meiner Tante Isolde
Zum 70. Geburtstag geschenkt.

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Joseph Viktor von Scheffel (1826-1886)

Der Ichthyosaurus

Es rauscht in den Schachtelhalmen,
Verdächtig leuchtet das Meer,
Da schwimmt mit Tränen im Auge
Ein Ichthyosaurus daher.

Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,
Denn ein sehr bedenklicher Ton
War neuerlich eingerissen
In der Liasformation.

»Der Plesiosaurus, der Alte,
Er jubelt in Saus und Braus,
Der Pterodactylus selber
Flog neulich betrunken nach Haus.

Der Iguanodon, der Lümmel,
Wird frecher zu jeglicher Frist,
Schon hat er am hellen Tage
Die Ichthyosaura geküsst.

Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
So kann es ja länger nicht gehn,
Was soll aus dem Lias noch werden,
Wenn solche Dinge geschehn?«

So klagte der Ichthyosaurus,
Da ward es ihm kreidig zumut,-
Sein letzter Seufzer verhallte
Im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
Die ganze Saurierei,
Sie kamen zu tief in die Kreide,
Da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
Dies petrefaktische Lied,
Der fand's als fossiles Albumblatt
Auf einem Kropolith.

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Gerhard P. Steil (geb. 1952)

Sankt Martin

Sankt Martin war ein guter Mann
(auch wenn man drüber streiten kann).

Sankt Martin, dieser edle Held,
stand einstmals im Nomadenzelt.
Da kroch in seinen noblen Mantel
eine kleine Bergtarantel.

Martin, der das Tier nicht mochte
und lauthals auf Entfernen pochte,
befand, das Biest sei schwer zu kriegen
und ließ ein Stück vom Mantel liegen.

Justament, zu dieser Stunde,
begann ein Bettler seine Runde.
Und jener sollte nun erhalten,
was Martin kurz zuvor gespalten.

Was dummerweise so nicht klappte,
weil’s Tierchen nach dem Bettler schnappte.
Martin aber schwand ganz eilig
und galt fortan als gut und heilig.

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Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

Der Seelenarzt zu N. an seine Gemeinde

Den ganzen Tag, hör’ ich, sei unter euch die Frage:
Ob ich auch selbst das tue, was ich sage?
Nein! - Ich als Seelenarzt treib’s, wie’s ein Doktor treibt:
Kein Doktor in der Welt verschluckt, was er verschreibt.

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Christian Morgenstern (1871-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php

Auf dem Fliegenplaneten

Auf dem Fliegenplaneten,
da geht es dem Menschen nicht gut:
Denn was er hier der Fliege,
die Fliege dort ihm tut.

An Bändern voll Honig kleben
Die Menschen dort allesamt,
und andre sind zu Verleben
in süßliches Bier verdammt.

In einem nur scheinen die Fliegen
Dem Menschen vorauszustehn:
Man bäckt uns nicht in Semmeln,
noch trinkt man uns aus Versehn.

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