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Satiren und Grotesken – Dichter 1 2 3 · Titel 1 2 3 · Beliebteste · Neueste

Christian Morgenstern (1871-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php

Auf dem Fliegenplaneten

Auf dem Fliegenplaneten,
da geht es dem Menschen nicht gut:
Denn was er hier der Fliege,
die Fliege dort ihm tut.

An Bändern voll Honig kleben
Die Menschen dort allesamt,
und andre sind zu Verleben
in süßliches Bier verdammt.

In einem nur scheinen die Fliegen
Dem Menschen vorauszustehn:
Man bäckt uns nicht in Semmeln,
noch trinkt man uns aus Versehn.

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Christiana Mariana von Ziegler (1695-1760)

Auf einen schönen und artigen Papagoy

Es hat dich die Natur recht herrlich ausgeschmücket;
Dein Glanz ist ungemein, man bleibt dabei entzücket.
Man sage was man will von aller Farben Kunst:
Es ist und bleibt fürwahr nur eitler Wörter Dunst.
Ich seh das muntre Grün, mit Rot und Gelb vermenget;
Wie sich der weiße Strahl mit in den Schnabel dränget;
O Anblick, der fürwahr mir alle Sinnen rührt!
Ihr Künstler, saget frei! seid ihr nicht überführt,
Die Wirkung der Natur hat euch hier übertroffen?
Ihr schlechten Redner hört, ihr könnt ein gleiches hoffen.
Kaum dass sein zartes Ohr sich nach der Stimme richt,
Die nur von ohngefähr ein Wörtchen zu ihm spricht,
So sagt er deutlich nach was man von ihm verlanget.
Die Unschuld redet hier, die nicht mit Worten pranget.
Er speist sein Zuckerbrot, steigt in dem Bau'r herum,
Sieht sich in keiner Schrift nach Wort und Einfall um.
Ihn plagt kein schwarzer Neid, er will sich nicht verstellen;
Kann er gleich als ein Hund mit seinem Stimmchen bellen.
Er lacht, er pfeift, er singt, wenn sich die Zunge regt
So wird ein neuer Wert auch an den Tag gelegt.
Wie sollte nicht mein Freund den klugen Vogel lieben?
Wer ihn nur hört und sieht, wird dazu angetrieben.
Ich sorge wahrlich selbst, dass ihn kein Unfall schreckt,
Und dass kein Katzenkopf sich nach dem Bauer streckt.
Mein Papchen lebe wohl, belache alle Toren.
Die nicht so edel sind in ihrer Art geboren.
Du sprichst dein gutes Deutsch, dein rein gesetzt Latein,
Kannst manchem der es lehrt, darin ein Muster sein.

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Celander (um 1700)

Auf Mademoiselle R. R. Geburts-Tag

Ganz unvergleichlichs Kind, du klein geratnes Schmutzgen,
Geschwänzter Wackel-A..., recht zartes Schniegelputzgen,
Der Wahrheit Missgeburt, der Lügen Siegellack,
Der Zierat krummer Zwerg, der Moden Schlumpersack,
Der Schönheit Pavian, galanter Jungfern Eule,
Der Wirtschaft Pudelhund, der Kunst papierne Säule,
Du Bär der Freundlichkeit, der Sanftmut Drachen-Kopf,
Der Faulheit Blasebalg, des Fleißes Pinkel-Topf,
Rakete meiner Lust, Nachtstühlgen meiner Schmerzen,
Des Hautzens Zug-Magnet, du saftges Ziel zum Herzen,
Du appetitliches und reines Gerber-Schwein,
Der Anmut Vomitiv, Clistier der Liebes-Pein,
Ambrierter Wiedehopf, du machst mich itzund rege,
Dass ich alsbald die Hand an meine Feder lege,
Die Verse fließen schon wie fetter Gassen-D...,
Es nimmt mir dieser Trieb den Schwall der Grillen weg.
Denn ich bin, glaub es mir, durch Mark und Bein entzücket,
Dass du dies heutge Fest in gutem Flor erblicket,
Weil es der Wunder-Tag, du netter Kielkroff, ist,
Da dich der Mutter Mund zu allererst geküsst.
Wohlan, ich wünsche dir der Männer Liebes-Blicke,
Ein Königsteiner Fass voll angenehmes Glücke,
Mehr Thaler, als man Stein auf allen Straßen findt,
Mehr Stücken Louis d'Or, als Flöh auf Hunden sind,
Mehr diamantnen Schmuck, als Musikanten pfeifen,
Mehr Lust, als immerdar die bösen Weiber keifen,
Mehr Wohlsein, als dein Maul geschwinde Lügen spricht,
So fehlet dir kein Gut, Ruh und Vergnügen nicht.

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php

Aus Amsterdam

Nachdem ich den ersten und zweiten Preis
Gestern in einer Verlosung gewann,
Und zwar einen Seehund und eine Matratze,
Und nun nicht wohin damit weiß,
Und weil mir hohnlachend jedermann,
Dem ich das Zeugs billig offeriere,
Noch weniger bietet, nur weil man lebendige Tiere
Nicht wie einen Regenschirm einfach stehn lassen kann
Und jeder von meiner Abreise weiß,
(Denn der eine Gewinn – der zweithöchste Preis –
Ist richtig lebendig und bellt wie ein Kalb)
Die Matratze allein aber geb ich nicht hin,
Aus Trotz meinetwegen. Und eben deshalb
Und weil ich heute so traurig bin
Und ein Zündholz verschluckte und kurz und gut:

Mir ist heute so zum Sterben zumut.
Du brauchst deswegen nicht ängstlich zu sein.
Es hat ja noch Zeit.
Nur merk dir bei dieser Gelegenheit:
Wenn ich mal sterbe, ist alles dein
(Nach meinem Wunsch und von Rechtes wegen),
Was ich besessen habe im Leben.
Nur sollst du dann meinen drei liebsten Kollegen
Folgende kleine Souvenirs geben:

Dem Degenschlucker Paul Speisel vererbe
Ich den krummen Türkensäbel mit Schärpe.

Der Lachsalvendaisy in Ingolstadt
(Die mir mal das Leben gerettet hat),
Sende das Neue Plüschtestament.
(Frage sie erst, ob sie mich noch kennt.)

Den Jupiter aus Papiermaché
(Den kleineren mit den fehlenden Ohren!)
Und sämtliche Fachzeitschriftenbände
Vermache ich den Gebrüdern Hoppé,
Vogelstimmenimitatoren.
Und drücke ihnen im Geiste die Hände.

Notiere noch (Motzstraße vierzehn, Berlin)
Den Zauberkünstler René du Claude.
Dem hab ich mal hundert Pesetas geliehn.
Die schuldet er mir jetzt seit sechseinhalb Jahren.

Und mögen diese nach meinem Tode
Mir alle ein gutes Gedenken bewahren.
Und dir, meiner Frau, einen ewigen Kuß.
Doch lass mich nicht weich werden. – Also jetzt Schluss
Mit jeder Sentimentalität.
Sei brav! Bleib mit treu! Und ich grüße dich.
Sei sparsam und fleißig! Leb wohl! Es ist spät,
Und die Kegelgesellschaft wartet auf mich.

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php

Das Gesellenstück

Mahagoni auf Eiche furniert.
Deckel sauber scharniert.
Alle Bretter gefedert, gespundet.
Die Ecken fein weich gerundet.
Die Seitenwände mit tief geschnitzten
Weintrauben und Schellfischen geziert.
Das war bei Weber in Osnabrück
Mein Gesellenstück.

Selbst Wasmann und Peter sagten 1910:
Solch einen Sarg hätten sie noch nie gesehn.

Ohne mich rühmen. Das soll einer machen.
Und dabei alles selber gemacht.
Die Griffe kupfergeschmiedete Drachen,
Die Füße gedrechselt (((Acht, sacht, Pracht, lacht, gedacht))),
Auf den Deckel in Rundschrift fein säuberlich
Eingebrannt: »Sarg für Frau (Doppelpunkt Strich)«.
Inwendig ein rosshaargepolstertes Bett,
Rosa Pünktchen auf Gelb-Violett.
Ich habe manchmal des Studiums wegen
24 Stunden darin gelegen.
Da war ein durch schöne Bilder verdecktes
Speiseregal zur linken Hand,
Wo Camembert, Zwieback und Butter stand
Und Trockengemüse und Eingewecktes. –

Auf den leisesten Druck mit der Zehe im Schlaf
Löste sich zu Fußende ein Kinematograph
Und zeigte abwechselnd »Brudermord«
Und »Torpedoangriff an Steuerbord«.
Alle zwei Stunden von selbst automatisch
Spielte ein Grammophon ganz zart:
»Ich bin der Doktor Eisenbarth.«

Außerdem roch es dort sehr sympathisch
Nach Moschus, Kampfer und kalter Küche.
Von wegen die Leichengerüche.
Und dann die Technik und das Komfort:
Kalender, das Telefon rechts am Ohr,
Glühbirnen und Klingeln. Ein tolles Gewirr.
Auch ein kleines, versilbertes Nachtgeschirr. –
Und Wasserstandglas und Thermometer.
Kurz herrlich! herrlich! – Wasmann und Peter
Hätten mir glattweg fünftausend Mark
Und doppelt soviel gezahlt für den Sarg.
Und das war damals ein Geld, wenn man's denkt.

Aber ich hänge nicht so am Golde. –
Und so hab ich ihn dann meiner Tante Isolde
Zum 70. Geburtstag geschenkt.

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Hans Sachs (1494-1576)

Das Schlaraffenland

Ein Gegend heißt Schlaraffenland,
den faulen Leuten wohlbekannt.
Das liegt drei Meilen hinter Weihnachten.
Und welche darein will trachten,
der muss sich großer Ding vermessen
und durch ein Berg mit Hirsbrei essen,
der ist wohl dreier Meilen dick.
Alsdann ist er im Augenblick
in demselbigen Schlaraffenland,
da aller Reichtum ist bekannt.
Da sind die Häuser deckt mit Fladen,
Lebkuchen die Haustür und Laden,
von Speckkuchen Dielen und Wänd,
die Balken von Schweinebraten send.
Um jedes Haus so ist ein Zaun
geflochten von Bratwürsten braun.
Von Malvasier so sind die Brunnen,
kommen eim von selbst in Maul gerunnen.
Auf den Tannen wachsen Krapfen,
wie hier zu Land die Tannzapfen.
Auf Fichten wachsen gebackne Schnitten.
Eierplätz tut man von Birken schütten.
Wie Pfifferling wachsen die Hecken,
die Weintrauben in Dornhecken.
Auf Weidenkoppen Semmel sehn,
darunter Bäch mit Milch gehen;
die fallen dann in' Bach herab,
dass jedermann zu essen hab,
gesotten, gebraten, gesalzen und gebacken
und gehen bei dem Gestad gar nahen,
lassen sich mit Händen fahen.
Auch fliegen um (das mögt ihr glauben)
Gebrat'ne Hühner, Gäns und Tauben.
Wer sie nicht fängt und ist so faul,
dem fliegen sie von allein ins Maul.
Die Säu all Jahr gar wohl geraten,
laufen im Land um, sind gebraten.
Jede ein Messer hat im Rück',
damit ein jeder schneid' ein Stück
und steckt das Messer wieder drein.
Die Kreuzkäs wachsen wie die Stein.
So wachsen Bauern auf den Baumen,
gleich wie in unserm Land die Pflaumen.
Wenn's zeitig sind, da fallen sie ab,
jeder in ein paar Stiefel herab.
Wer Pferd hat, wird ein reicher Meier,
denn sie legen ganz Körb voll Eier.
So schüttet man aus den Eseln Feigen.
Nicht hoch braucht man nach den Kirschen steigen,
wie die Schwarzbeeren sie wachsen tun..
Auch ist in dem Land ein Jungbrunn,
darin verjüngen sich die Alten.
Viel Kurzweil wird im Land gehalten.
So nach dem Ziel schießen die Gäst',
wer am weitesten daneben gewinnt das Best.
Beim Laufen gewinnt der Letzte allein.
Das Polsterschlafen ist allgemein.
Ihr Weidwerk ist mit Flöh und Läusen,
mit Wanzen, Ratten und Mäusen.
Auch ist im Land gut Geld zu gewinnen.
Wer sehr faul ist und schläft darinnen,
dem gibt man für die Stund zwei Pfennig,
er schlaf ihr gleich viel oder wenig.
Ein Furz gilt einen Binger Haller,
drei Rülpser einen Jochimstaler.
Und welcher da sein Geld verspielt,
zwiefach man ihm das wiedergilt.
Und welcher auch nicht gern bezahlt,
wenn die Schuld wird eins Jahres alt,
so muss ihm jener dazu geben.
Und welcher liebt ein gutes Leben,
dem gibt man für den Trunk einen Batzen.
Und welcher wohl die Leut kann fatzen,
dem gibt man drei Kreuzer zum Lohn.
Für eine große Lüg gibt’s ein Kron.

(gekürzt und modernisiert)

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Christian Morgenstern (1871-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php

Denkmalswunsch

Setze mir ein Denkmal, eher,
ganz aus Zucker, tief im Meer.

Ein Süßwassersee, zwar kurz,
werd ich dann nach meinem Sturz;

doch so lang, dass Fische, hundert,
nehmen einen Schluck verwundert.

Diese isst in Hamburg und
Bremen dann des Menschen Mund.

Wiederum in eure Kreise
komm ich so auf gute Weise,

während, werd ich Stein und Erz
nur ein Vogel seinen Sterz

oder gar ein Mensch von Wert
seinen Witz auf mich entleert.

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Otto Reutter (1870-1931)

Der Blusenkauf

Wenn Frau'n was kaufen, geht das flink,
ich weiß, wie's meinem Freund erging,
der, jung vermählt, wollt in der Früh
mal ins Büro, da sagte sie:
"Lass mich ein Stückchen mit dir gehen" -
dann blieb sie vor ´nem Laden stehn.
"Komm, gib mir's Geld - bin gleich zurück,
es dauert nur ´nen Augenblick.
Bleib draußen", sprach Frau Suse,
"ich kauf mir bloß ´ne Bluse."

Nun geht sie rein - "´nen Augenblick".
Ihr Mann, sehr heiter, bleibt zurück. -
Er freut sich - ´s Wetter ist sehr schön,,
sieht Kinder, die zur Schule gehen. -
Und sie sagt drinnen zur Mamsell:
"´ne blaue Bluse, aber schnell!"
Nun schleppt man alle blauen rein,
und nach ´ner Stunde sagt sie: "Nein,
ich finde keine nette,
ich möchte ´ne violette."

Nun packt man violette aus.
Ihr Mann, geduldig, steht vorm Haus.,
denkt: "Ziemlich lange währt so'n Kauf",
geht auf und ab - und ab und auf -
und sie sagt drinnen: "Das ist nett!
Wie kam ich nur auf violett?
Da fällt mir ein, Frau Doktor Schmidt
geht immer mit der Mode mit -
und die trägt jetzt ´ne gelbe.
Ach, geb'n Sie mir dieselbe."

Nun packt man alle gelben aus.
Ihr Mann wird hungrig vor dem Haus.
Der Mittag naht - die Sonne sticht,
die Kinder komm'n vom Unterricht. -
Und sie sucht drin und sagt alsdann:
Was geht Frau Doktor Schmidt mich an!
Wie kam ich auf ´ne gelbe nur?
Es wird ja Frühling, die Natur
zeigt frohe Hoffnungsmiene,
ach, geb'n Sie mir ´ne grüne."

Nun packt man alle grünen aus.
Ihr Mann wird matt und seufzt vorm Haus:
"Gern kauft' ich ´ne Zigarre mir,
jedoch das Geld, das ist bei ihr-" -
Und sie sagt drin: "Beim Sonnenschein,
da wird das Grün zu dunkel sein." -
Da schaut er rein. "Mein Portemonnaie."
Sie sagt: "´nen Augenblick noch. Geh!
Ich bin ja gleich zur Stelle. -
Ach, geb'n Sie mir ´ne helle."

Nun packt man alls hellen aus.
Da gibt's ein Ungewitter drauß:
Es regnet bis zum Abendbrot -
und sie sagt drinnen zur Mamsell:
"So'n Wetter heut - und dazu hell?
Und übberhaupt, wir haben bald
April, da wird's oft nass und kalt,
dann bin ich die Blamierte.
Ach, geb'n Se ´ne karierte."

Nun packt man die karierten aus -
und er stöhnt, frei nach Goethe, drauß:
"Was ewig weiblich, zieht uns an.
Das Weib, das zieht sich ewig an." -
Und sie probt drin und sagt entsetzt:
"Was - Nummer vierundvierzig jetzt?
Nicht zweiundvierzig, schlank und schick?
Dann nichts Kariertes - das macht dick",
ihr Blick zur Taille scchweifte.
"Dann geb'n Sie ´ne gestreifte."

Nun packt man die gestreiften aus.
Ihr Mann, der wankt und röchelt drauß:
"Ein Augenblick!" Das war ihr Wort! -
Dann fällt er um - man trägt ihn fort. -
Da kommt sie mit ´ner roten raus.
"Hier bin ich schon", ruft froh sie aus -
und schreit: "Mein Mann!! Mein einz'ges Glück!
Gott, ist er tot? - Ein Augenblick!"
Und in den Laden starrt se:
"Dann geb'n Sie mir ´ne schwarze."

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Wilhelm Müller (1794-1827)

Der Dichter, als Prolog

Ich lad' euch, schöne Damen, kluge Herrn,
Und die ihr hört und schaut was Gutes gern,
Zu einem funkelnagelneuen Spiel
Im allerfunkelnagelneusten Stil;
Schlicht ausgedrechselt, kunstlos zugestutzt,
Mit edler deutscher Rohheit aufgeputzt,
Keck wie ein Bursch im Stadtsoldatenstrauß,
Dazu wohl auch ein wenig fromm für's Haus:
Das mag genug mir zur Empfehlung sein,
Wem die behagt, der trete nur herein.
Erhoffe, weil es grad' ist Winterzeit,
Tut euch ein Stündlein hier im Grün nicht Leid;
Denn wisst es nur, dass heut' in meinem Lied
Der Lenz mit allen seinen Blumen blüht.
Im Freien geht die freie Handlung vor,
In reiner Luft, weit von der Städte Tor,
Durch Wald und Feld, in Gründen, auf den Höhn;
Und was nur in vier Wänden darf geschehn,
Das schaut ihr halb durch's offne Fenster an,
So ist der Kunst und euch genug getan.

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Hugo Ball (1886-1927)

Der Dorfdadaist

In Schnabelschuhen und im Schnürkorsett
Hat er den Winter überstanden,
Als Schlangenmensch im Teufelskabinett
Gastierte er bei Vorstadtdilletanten.

Nun sich der Frühling wieder eingestellt
Und Frau Natura kräftig promenierte,
Hat ihn die Lappen- und Atrappenwelt
Verdrossen erst und schließlich degoutieret.

Er hat sich eine Laute aufgezimmert
Aus Kistenholz und langen Schneckenschrauben,
Die Saiten rasseln und die Stimme wimmert,
Doch lässt er sich die Illusion nicht rauben.

Er brüllt und johlt, als hinge er am Spieße.
Er schwenkt juchelend seinen Brautzylinder.
Als Schellenkönig tanzt er auf der Wiese
Zum Purzelbaum der Narren und der Kinder.

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Wilhelm Busch (1832-1908)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/wilhelm_busch.php

Der Einsame

Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemach vergisst man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Lässt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

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Joseph Viktor von Scheffel (1826-1886)

Der Ichthyosaurus

Es rauscht in den Schachtelhalmen,
Verdächtig leuchtet das Meer,
Da schwimmt mit Tränen im Auge
Ein Ichthyosaurus daher.

Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,
Denn ein sehr bedenklicher Ton
War neuerlich eingerissen
In der Liasformation.

»Der Plesiosaurus, der Alte,
Er jubelt in Saus und Braus,
Der Pterodactylus selber
Flog neulich betrunken nach Haus.

Der Iguanodon, der Lümmel,
Wird frecher zu jeglicher Frist,
Schon hat er am hellen Tage
Die Ichthyosaura geküsst.

Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
So kann es ja länger nicht gehn,
Was soll aus dem Lias noch werden,
Wenn solche Dinge geschehn?«

So klagte der Ichthyosaurus,
Da ward es ihm kreidig zumut,-
Sein letzter Seufzer verhallte
Im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
Die ganze Saurierei,
Sie kamen zu tief in die Kreide,
Da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
Dies petrefaktische Lied,
Der fand's als fossiles Albumblatt
Auf einem Kropolith.

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Hugo Ball (1886-1927)

Der Literat

Ich bin der große Gaukler Vauvert.
In hundert Flammen lauf ich einher.
Ich knie vor den Altären aus Sand,
Violette Sterne trägt mein Gewand.
Aus meinem Mund geht die Zeit hervor,
Die Menschen umfass ich mit Auge und Ohr.

Ich bin aus dem Abgrund der falsche Prophet,
Der hinter den Rädern der Sonne steht.
Aus dem Meere, beschworen von dunkler Trompete,
Flieg ich im Dunste der Lügengebete.
Das Tympanum schlag ich mit großem Schall.
Ich hüte die Leichen im Wasserfall.

Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer,
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat
Streu ich der Worte verfängliche Saat.

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Arno Holz (1863-1929)

Der Mond

Und so will der Mond mir scheinen
eine Spinne ganz aus Gold,
die mit eingezognen Beinen
durch den Weltraum rollt.

Schmakaduhtzgen, Schilf und Rohr
schwanken um das Unkenmoor...
... lächelnd drin die süße
Luna ihre Silberfüße!

Steil am Wegrand starrt die Pappel,
leise macht sie Tippeltappel,
leise, wo die Frösche quaken,
spannt der Mond sein weißes Laken.

Wo die Nebelfrauen spinnen,
spannt er bloß sein weißes Linnen.
Durch die Nacht hin, weich und mailich,
spreitet er sogar sein Lailich!

An deine Seele rührt ein Hauch,
zitternd entsandt vom weißen Fliederstrauch;
teils von hinten, teils von vorn,
bläst der Mond sein Silberhorn.
Die Hexe kuckt aus ihrem Haus,
ein ungemaltes Bild von Knaus.
Die Alte winkt und lächelt arg,
Der Mond schwimmt wie ein Silbersarg.
Reimst du Tohu auf Wabohu,
ists ein Bild von Gerhard Dou;
zauberst du statt Haus Spelunke,
schwimmt der Halbmond eine Dschunke.

Oft, aufgehängt an einer Schnur,
ganz deutlich eine Tombakuhr,
den i-Punkt über eine Pappel
und, ist man ganz und gar im Rappel,
die Glatze eines Totenschädels,
den Hintern seines liebsten Mädels -
was man doch alles in dir sieht,
du Rotationsellipsoid!

Der Mond als dies, der Mond als das,
der Mond als neuer Berg Parnass,
der Mond als himmlisches Trumpf-As,
der Mond bald blink, der Mond bald blass,
der Mond als runde Zähre!
Der Mond als bleiche Kalkskulptur,
der Mond als silberne Tonsur,
der Mond als goldne Kugeluhr,
der Mond als nichts wie Kieselgur,
erkläre mir, Graf Orindur,
dies blanke Wunder der Natur,
gleich ob in Moll, gleich ob in Dur,
erkläre mir, erkläre!

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Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

Der Seelenarzt zu N. an seine Gemeinde

Den ganzen Tag, hör’ ich, sei unter euch die Frage:
Ob ich auch selbst das tue, was ich sage?
Nein! - Ich als Seelenarzt treib’s, wie’s ein Doktor treibt:
Kein Doktor in der Welt verschluckt, was er verschreibt.

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