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Text (<i></i>kennzeichnet kursive Textstellen): Richard Dehmel (1863-1920) Venus Consolatrix Dann kam Stern Lucifer; und meine Nacht erblasste scheu vor seiner milden Pracht. Er schien auf meine dunkle Zimmerwand, und wie aus unerschöpflicher Phiole durchflossen Silberadern die Console, die schwarz, seit lange leer im Winkel stand. Auf einmal fing die Säule an zu leben, und eine Frau erhob sich aus dem Glanz, die trug im schwarzen Haupthaar einen Kranz von gelben Rosen zwischen grünen Reben. Ihr Morgenkleid von weißem Sammet glänzte so sanft wie meine Heimatflur im Schnee, die Rüsche aber, die den Hals begrenzte, so blutrot wie die Blüte Aloë, und ihre Augen träumten braun ins Tiefe, als ob da Sehnsucht nach dem Südmeer schliefe. Sie breitete mir beide Arme zu, ich sah erstaunt an ihren Handgelenken die starken Pulse springen und sich senken, da nickte sie und sagte zu mir: Du – du bist mühselig und beladen, komm, wer viel geliebt, dem wird auch viel verziehen, du brauchst das große Leben nicht zu fliehen, durch das dein kleines lebt; o komm, sei fromm! Und schweigend lüpfte sie die rote Rüsche und nestelte an ihren seidnen Litzen und öffnete das Kleid von weißem Plüsche und zeigte mir mit ihren Fingerspitzen, die zart das blanke Licht des Sternes küsste, die braunen Warzen ihrer bleichen Brüste, dann sprach sie weiter: Sieh! dies Fleisch und Blut, das einst den kleinen Heiland selig machte, bevor ich an sein großes Kreuz ihn brachte, Maria ich, die Nazarenerin, oh sieh, es ist desselben Fleisches Blut, für das der große Heiland sich erregte, bevor ich in sein kleines Grab ihn legte, Maria ich, die Magdalenerin – komm, stehe auf, und sieh auch Meine Wunden, und lerne dich erlösen und gesunden! Und lächelnd ließ sie alle Kleider fallen und dehnte sich in ihrer nackten Kraft; wie heilige Runen glänzten auf der prallen Bauchhaut die Narben ihrer Mutterschaft, in Linien, die verliefen wundersam bis tief ins schwarze Schleierhaar der Scham. Da sprach sie wieder und trat her zu mir: willst du mir nicht auch in die Augen sehn? und meine Blicke badeten in ihr. Und eine Sehnsucht: du musst untergehn, ließ mich umarmt durch tiefe Meere schweben, mich selig tiefer, immer tiefer streben, ich glaube auf den Grund der Welt zu sehn, weh schüttelt mich ein nie erlebtes Leben, und ihren Kranz von Rosen und von Reben umklammernd, während wir verbeben, stamml' ich: o auf – auf – auferstehn! –
Folgendes erscheint unterhalb Ihres Textes:----------------------Quelle des Gedichtes: www.gedichte-fuer-alle-faelle.deBitte die urheberrechtlichen Regelungen beachten, siehe www.gedichte-fuer-alle-faelle.de/impressum.php
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